Fortsetzung: Keine Angst vor dem neuen Gewährleistungsrecht! Heute: Vorsicht bei trickreichen Lösungen!

Fortsetzung: Keine Angst vor dem neuen Gewährleistungsrecht! Heute: Vorsicht bei trickreichen Lösungen!

Den vielfältigen Versuchen von Kfz-Händlern, die gesetzlichen Gewährleistungsrechte beim Verkauf eines (älteren) Gebrauchtfahrzeugs an einen privaten Endkunden zu umgehen, ist gemein, dass sie im Streitfall nicht nur ihren Zweck verfehlen, sondern überdies unerwünschte Nebeneffekte haben können. Während sich der Händler haftungsrechtlich in derartigen Konstellationen regelmäßig sogar schlechter stellt, drohen demgegenüber zuweilen Abmahnungen, steuerrechtliche oder womöglich sogar strafrechtliche Konsequenzen und obendrein ein zweifelhafter Ruf. In diese Kategorie fällt auch das sog. Strohmanngeschäft, bei dem der Händler einen Verbraucher als Verkäufer vorschiebt, um das Fahrzeug unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen.

Die verschiedenen Unternehmungen vereinzelter Kfz-Händler zur Umgehung der Gewährleistung darf der Gesetzgeber getrost als Auswuchs der auch nach Auffassung des BVfK überzogenen und unausgewogenen Verbraucherrechte verstanden wissen, deren Beachtung mit wirtschaftlich vernünftigem Handeln – zumindest bei Verkäufen älterer Fahrzeuge – kaum noch in Einklang zu bringen ist. Bei allem Verständnis ist jedoch von Umgehungsgeschäften wie z. B. durch einen Strohmanneinsatz abzuraten. Hierbei verschleiert der Händler ein Eigengeschäft dadurch, dass er einen Verbraucher – beispielsweise einen Bekannten oder den Vorbesitzer (Strohmann) – als Verkäufer des Fahrzeugs vorschiebt.

Was die Mängelhaftung in solchen Fällen angeht, herrscht nach einer Entscheidung des BGH-Klarheit: Schiebt beim Verkauf eines Fahrzeugs an einen Verbraucher der Verkäufer, der selbst Unternehmer ist, einen Verbraucher als Käufer vor, um es unter Gewährleistungsausschluss zu verkaufen, so richten sich die Mängelrechte des Käufers wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher. Hier steht der Händler im Ergebnis haftungsrechtlich also nicht besser dar. Ganz im Gegenteil verschlechtert sich die Position des Händlers sogar. Denn er verbaut sich hierdurch die Möglichkeit, die Verjährungsfrist auf ein Jahr zu verkürzen. Es gilt dann die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren.

Aus strategischer Sicht könnte der Kunde in solchen Fällen zwar mitunter vor der schwierigen Frage stehen, gegen wen er vorgehen soll – den Strohmann als Verkäufer auf dem Papier oder den dahinterstehenden Händler. Sich allerdings darauf zu verlassen, dass ein vorgerichtliches oder gar gerichtliches Vorgehen des Kunden erfolglos bleibt, weil sich der falsche Anspruchsgegner ausgesucht wird, ist zumindest wagemutig. Der Händler hat schließlich keinen Einfluss darauf, wen der Kunde in Anspruch nimmt. Erfahrungsgemäß wird auch schnell klar, wer der wahre und wer der vorgeschobene Verkäufer ist, wenn Unterlagen über den Fahrzeugankauf, die Fahrzeugpapiere o. Ä. vorgelegt werden. Bleiben diese Unterlagen unter Verschluss, wird ein Richter im Prozess die Vorlage anordnen bzw. daraus seine Schlüsse ziehen. Auch aus den Begleitumständen mag der Kunde schnell den Schluss auf den richtigen Verantwortlichen ziehen können: Steht etwa die Person, die nach dem Kaufvertrag Verkäufer sein soll, in einer besonderen Nähe zum Händler (Ehefrau, Geschäftsführer, Angestellter etc.), spricht bereits eine gewisse Vermutung für ein verschleiertes Händlereigenschaft. Auch die Präsentation des Fahrzeugs im Internet ohne Vermittlerhinweis oder auf den eigenen Verkaufsflächen mit üblichem Firmen-Verkaufsschild legen ein Händlergeschäft nahe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es letztendlich darauf ankommt, wer das wirtschaftliche Risiko trägt. Ist bereits Geld an den Vorbesitzer geflossen und kommt dieser auch nicht ganz oder teilweise in den Genuss des Mehrerlöses, wird von einem Eigengeschäft des Händlers ausgegangen.

Die rote Linie überschreiten Händler, die Verträge für den Vorbesitzer schließen, ohne diesen darüber zu informieren. Sollte der Vorbesitzer dann in Anspruch genommen werden, dürfte dies nicht nur zu größer Empörung und schlechter Reputation führen. In solchen Fällen dürften schnell auch strafrechtliche Maßnahmen angedroht und eingeleitet werden.

Der BVfK meint daher, dass solche Praktiken keine Alternative sein können. Gleichzeitig nehmen wir aus dem Mitgliederkreis wahr, dass es eine relevante Nachfrage von privaten Endkunden für Fahrzeuge höheren Alters im niedrigeren Preissegment zu geben scheint, die sich bei einem Kauf von einem Kfz-Händler mit entsprechender Expertise besser aufgehoben fühlen als auf dem Privatmarkt. Die Mitglieder, welche diese Nachfrage trotz des vermeintlich höheren Gewährleistungsrisikos bedienen möchten, wollen wir hierzu ermuntern und aufzeigen, dass der Absatz solcher Fahrzeuge nicht per se wirtschaftlich unvernünftig sein muss.

Unsere Empfehlung basiert dabei im Wesentlichen auf einer wahrheitsgemäßen Aufklärung über den Fahrzeugzustand, bestenfalls ergänzt durch ein kaufbegleitendes Gutachten. Hierfür stellen wir unseren Mitgliedsbetrieben entsprechende Formulare (BVfK-Fahrzeugcheck, BVfK-Defektprognose u. a.) zur Verfügung, an denen sie sich bei der Beschreibung der Fahrzeuge orientieren können. Generell meinen wir, dass eine Offenlegung der bekannten und erkennbaren Defizite des Fahrzeugs auch vertrauensbildend wirken kann. Sollte jedoch ein Kunde deswegen vom Kauf Abstand nehmen, dürfte dies im Ergebnis günstiger sein als eine Reklamation eines Kunden, der infolge lediglich flüchtiger Beschreibung unrealistische Erwartungen an das erworbene Fahrzeug stellt.

Einen umfassenden Überblick zu diesem Themenkomplex mit näheren Informationen zu anderen Umgehungskonstellationen sowie mit weiterführenden Links und Handlungsempfehlungen haben wir im letzten BVfK-Wochenendticker vom 7. Oktober 2023 zusammengestellt.

Ihre BVfK-Rechtsabteilung

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