Wunderwaffe 6-Monats-„Tageszulassung“? – Werbung und Verkauf mit eingerechnetem Umweltbonus birgt in vielen Konstellationen Risiken

Wunderwaffe 6-Monats-„Tageszulassung“? – Werbung und Verkauf mit eingerechnetem Umweltbonus birgt in vielen Konstellationen Risiken

Die Bewerbung und der Verkauf von förderfähigen Fahrzeugen stellt den Kfz-Handel vor nicht unerhebliche Herausforderungen. Die Angabe des Endpreises mit bereits abgezogener Prämie, die der Käufer dann nach Vertragsschluss selbstbeständig beantragen, aber gleichzeitig den um die Prämie erhöhten Kaufpreis bezahlen muss, dürfte unzweifelhaft unzulässig sein. Aber wie sieht es aus, wenn der Händler die Prämie selbst beantragt? Darf das Fahrzeug dann gekürzt um den gesamten Umweltbonus (Hersteller- und BAFA-Anteil) beworben werden und wie ist dabei mit der vorgeschriebenen Haltedauer von 6 Monaten umzugehen? Und welche kaufrechtlichen Risiken und Besonderheiten ergeben sich aus solch speziellen Konstellationen? Lesen Sie nachfolgend die Einschätzung der BVfK-Rechtsabteilung (Grundsätzliches unter I, zur Problematik unter II.).

  1. Grundsätzliches

Der Umweltbonus für rein elektrisch betriebene und Hybrid-Fahrzeuge wurde bis zum 31.12.2025 verlängert. Zu dieser Entscheidung beigetragen haben dürfte mitunter der Umstand, dass der Absatz von Elektrofahrzeugen bislang noch nicht den gewünschten Auftrieb erfahren hat. Außerdem haben Automobilhersteller für die Einhaltung der EU-Flottengrenzwerte zu sorgen, was durch ausschließliches Angebot von Benzinern, Dieseln und gasbetriebenen Fahrzeugen kaum möglich erscheint (siehe u.a. Wochenendticker vom 07. Dezember 2019).

  1. Förderhöhe und Fahrzeugrechnung

Mehrfache Updates der Förderrichtlinie hatten zwischenzeitlich zahlreiche Anpassungen zur Folge, so unter anderem die reduzierte Förderung bei Kurzzeit-Leasing (siehe Wochenendticker vom 14. November 2020). Bei der Berechnung der Förderhöhe, der korrekten Bewerbung des Preisvorteils sowie der ordnungsgemäßen Gestaltung der Fahrzeugrechnung lauern zahlreiche Fallstricke, die es zu vermeiden gilt (siehe u.a. BVfK – aktuell August 2020).

  1. Besonderheiten von EU-Fahrzeugen und Gebrauchtfahrzeugen

EU-Fahrzeuge mit Tageszulassung und Gebrauchtfahrzeuge werden nach der Förderrichtlinie einheitlich behandelt. Für sie gilt, dass der Verkaufspreis maximal 20 % des Neuwagenpreises inklusive Sonderausstattung betragen darf, wovon dann noch der bei Gebrauchtfahrzeugen reduzierte Herstelleranteil abzuziehen ist (zur Berechnung und Höhe der Fördersätze bei Gebrauchten/Tageszulassungen siehe BVfK – aktuell Dezember 2020). Abhängig vom Einkaufspreis dürfte daher nicht mehr mit jedem Fahrzeug ein Gewinn zu erzielen sein, wenn der Preis so kalkuliert wird, dass der Käufer den Umweltbonus in Anspruch nehmen kann.

  1. Werbung mit dem Umweltbonus

Wie eingangs erwähnt, darf der beworbene Endpreis den staatlichen Prämienanteil nicht enthalten, sofern der Käufer tatsächlich den um die Prämie erhöhten Kaufpreis zahlen muss, hinsichtlich des Umweltbonus also in „Vorleistung“ geht (siehe u.a. Wochenendticker vom 13.06.2020). Diese wettbewerbswidrige Praxis ist dennoch weit verbreitet, weil man im Ranking der Börsen deutlich weiter oben erscheint, wenn die an gewisse Bedingungen geknüpfte Prämie vom Kaufpreis abgezogen wird. Das OLG Köln hatte eine derartige Preiswerbung (im Hinblick auf Prämien für den Eintausch eines Gebrauchtwagens) bereits als „dreiste Lüge“ klassifiziert. Es wird daher dringend davon abgeraten, mit Endpreisen zu werben, die nur für begrenzte Kundenkreise gelten!

II. Händler-Eigenzulassung inkl. Prämienantrag = Problem Haltedauer.

Die Förderrichtlinie sieht vor, dass das Fahrzeug mindestens 6 Monate lang auf den Käufer bzw. Eigentümer zugelassen sein muss, damit dieser die Prämie erhält. Grundsätzlich ist es auch dem Händler als zwischenzeitlichem Eigentümer möglich, die Prämie zu beantragen, er muss dann nur die vorgenannte Haltedauer einhalten. Es drängen sich daher verschiedene Szenarien auf, wie man Fahrzeuge mit bereits erhaltener Prämie veräußern und bewerben kann:

  1. EU-Neufahrzeuge mit ausländischer Tageszulassung

Wenn die Tageszulassung bereits im Ausland erfolgt ist, müsste der Verkäufer das Fahrzeug anschließend auf sich zulassen, um die Prämie zu erhalten, womit dieses dann bereits 2 Zulassungen erhalten hätte, was möglich ist, sich jedoch möglicherweise wertmindernd auswirken könnte. (siehe dann unter 2.)

  1. Neuwageneigenschaft bei Händler-Eigenzulassung. Die Zulassung auf den Händler im Inland hebt die Eigenschaft der Fabrikneuheit in der Regel nicht auf, sofern das Fahrzeug nicht genutzt wurde und die sonst geltenden Voraussetzungen gegeben sind (aus neuen Teilen gefertigt und im Zusammenhang mit der Fabrikneuheit das Produktionsdatum nicht länger als 12 Monate zurückliegt). Auch bei einer Zulassung auf den Händler, die mehrere Wochen oder gar Monate zurückliegt, bzw. andauert, dürfte es sich bei Einhaltung der zusätzlichen vorgenannten Kriterien noch um ein Neufahrzeug handeln, welches jedoch dann unter Umständen nicht mehr „fabrikneu“ ist.

Auf die u.U. fehlende Fabrikneuheit sowie den zurückliegenden Start der damit verkürzten Herstellergarantie sollte in der Werbung in jedem Falle in irgendeiner Form hingewiesen werden! Das kann z.B. dadurch erfolgen, indem das Datum des Garantiestarts angegeben oder zumindest darauf hingewiesen wird, dass dieser dem Datum der ebenfalls angegebenen Erstzulassung entspricht. Ein solcher Hinweis hat jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die Herstellergarantie bei Auslieferung aufgrund der zurückliegenden Zulassung um mehr als 2 Wochen verkürzt ist.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, könnte der Händler das Fahrzeug über einen Zeitraum von 6 Monaten auf sich zulassen und während dieses Zeitraums die BAFA-Prämie beantragen. Hierbei sind wiederum verschiedene Konstellationen denkbar:

a. Veräußerung nach Ablauf von 6 Monaten Haltedauer mit Prämienabzug.

Diese Variante bereitet keine Probleme. Der Händler trägt das finanzielle Risiko, sofern die Veräußerung vor der Auszahlung der Prämie an ihn erfolgt. Er muss dem Kunden den um die Prämie reduzierten Kaufpreis gewähren, dann darf das Fahrzeug auch so beworben werden. Je nachdem sollte der Hinweis „BAFA-Prämie bereits berücksichtigt“ oder „BAFA-Prämie vom Verkäufer beantragt“ verbunden mit dem Hinweis „Die Prämie kann somit nicht mehr vom Käufer beantragt werden“ erfolgen.

b. Problematisch: Veräußerung vor Ablauf der Haltedauer

Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist in erster Linie maßgeblich, ob der Käufer tatsächlich den angegebenen Preis zu zahlen hat. Der Verkäufer trägt bei vorzeitiger Veräußerung und Zulassung auf den Kunden allerdings das potenzielle Risiko, dass die Förderprämie zumindest teilweise von ihm zurückgefordert werden könnte. Auch der Verdacht eines Subventionsbetruges könnte aufkommen, wenn die Haltedauer bewusst missachtet wurde, oder sich im Nachhinein herausstellt, dass andere Voraussetzungen für die Gewährung der staatlichen Prämie nicht erfüllt wurden. Der BVfK hat das BAFA um Stellungnahme gebeten, welche Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Haltedauer drohen, da ein Hinweis auf die Rechtsfolgen in der Förderrichtlinie fehlt

c. Kombilösung: Kunde übernimmt vor Ablauf der Haltedauer, Fahrzeug bleibt auf den Händler zugelassen.

Auch diese Lösung, für die es mehrere Varianten gibt, ist mit nicht unerheblichen Risiken verbunden.

Variante 1: Mietkauf. Der Kunde mietet das Fahrzeug bis zum Ende der Haltefrist und kauft dann. Der um die Mietzahlungen reduzierte Kaufpreis wird als Sicherheit hinterlegt. Problematisch in dem Zusammenhang ist jedoch, dass die auch im Mietrecht vorgesehene Gewährleistung im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses zu laufen beginnt, die kaufrechtliche Gewährleistungsfrist bei anschließendem Kaufvertragsschluss aber neu in Gang gesetzt werden dürfte. Gleiches dürfte ggf. für die Beweislastumkehr gelten. Um sich nicht unnötig langen Gewährleistungsfristen auszusetzen, sollten die vertraglichen Konstrukte bei Anwendung dieser Vertragskombination aber genaustens geprüft und gestaltet werden. Ein kaufbegleitendes Gutachten sollte zur Absicherung des Zustands bei Vertragswechsel angefertigt werden.

Variante 2: Der Kunde kauft vor Ende der Haltefrist, das Fahrzeug bleibt auf den Händler zugelassen.

  • Der Käufer sollte unter Angabe des Zulassungsdatums darüber aufgeklärt werden, dass er erst nach Ablauf von 6 Monaten ab Zulassung Halter des Fahrzeugs werden kann. Bei einem Mietvertrag dürfte das bereits aus dem Vertragsverhältnis deutlich werden. Beim Kauf/Leasing hingegen erfolgt die Zulassung in der Regel auf den Halter. Damit der Kunde sich nach Vertragsschluss nicht auf etwaige Nachteile aufgrund der fehlenden Zulassungsmöglichkeit berufen kann, wird ein entsprechender Hinweis empfohlen. Die BVfK-Rechtsabteilung prüft diesen bei Bedarf gerne, da aufgrund der vielen denkbaren Konstellationen keine allgemeine Empfehlung ausgesprochen werden kann.
  • Zum anderen dürfte das BAFA diese Vorgehensweise nicht unbedingt als von der Förderrichtlinie abgedeckt ansehen, auch wenn deren Wortlaut nicht zu entnehmen ist, dass die bloße Weiterveräußerung vor Ablauf der Haltedauer untersagt ist.

Im schlimmsten Fall setzt sich der Verkäufer allerdings auch hier dem Risiko der Verwirklichung des Tatbestands eines Subventionsbetruges nebst (teilweiser) Rückforderung der Prämie aus. Von dieser Variante ist daher eher abzuraten, bzw. jedenfalls das damit verbundene Risiko in Kauf zu nehmen.

  1. Veräußerung/Bewerbung als Gebrauchtfahrzeug/Vorführwagen

Die Frage der Aufrechterhaltung der Neuwageneigenschaft entfällt hier. Das Problem der Einhaltung der Haltedauer verbunden mit den unter 2.b. dargestellten Hinweisen ist aber auch bei Gebrauchtfahrzeugen zu beachten!

III. Fazit

Jeder sollte für sich abwägen, ob der größere Werbeeffekt durch die höhere Platzierung im Preisranking die Nachteile und aufgezeigten Risiken bei Zulassung des Fahrzeugs auf den Händler je nach Konstellation (vor Ablauf der Haltedauer/nach Ablauf; Neuwagen/Gebrauchtwagen; etc.) aufwiegt.

Sofern nach sorgfältiger Kalkulation keine größeren finanziellen Nachteile erkennbar sind, kann es sich durchaus anbieten, dem Käufer die aufwendige Beantragung der Prämie zu ersparen und ihm das Fahrzeug gleichzeitig sofort deutlich günstiger anbieten zu können. Hierzu geraten werden kann allerdings nur nach Ablauf der sechsmonatigen Haltefrist. Alle anderen aufgezeigten Szenarien bergen ein empfindliches Risiko!

Denkbar wäre theoretisch auch der Abschluss eines Mietvertrags bis zum Ablauf der Haltefrist mit anschließender Kaufoption bzw. mit unmittelbarer Verpflichtung zum anschließenden Kauf. Die Vorgaben bei der Bewerbung eines solchen Konstrukts sind wie zuvor aufgezeigt aber durchaus komplex, sodass eine Einzelfallprüfung unerlässlich ist. Außerdem ist hierbei zu berücksichtigen, dass dem Käufer auch in dieser Konstellation Gewährleistungsansprüche zustehen, die sich aus dem Mietvertragsverhältnis ergeben und um die sich die gesamte Gewährleistungszeit bei Ausübung der Kaufoption ggf. verlängert.

Bei Unsicherheit prüft die BVfK-Rechtsabteilung gerne Einzelfälle auf mögliche Risiken und spricht Empfehlungen aus.

Ihre BVfK-Rechtsabteilung
rechtsabteilung@bvfk.de

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