Probleme und Risiken beim grenzüberschreitenden B2B-Kfz-Handel – ungesicherte Vorkasse, ausbleibende Lieferungen, keine Rückerstattungen

Probleme und Risiken beim grenzüberschreitenden B2B-Kfz-Handel – ungesicherte Vorkasse, ausbleibende Lieferungen, keine Rückerstattungen

BVfK-Antworten: BVfK-Treuhandverwaltung, Internationaler B2B-Kaufvertrag für den Kfz-Handel, Europäisches Schiedsgericht

Der grenzüberschreitende B2B-Kfz-Handel – insbesondere der freie Neuwagenhandel – funktioniert nach seinen eigenen Regeln. Das Geschäft ist diskret und basiert auf Vertrauen. Lediglich mündliche Vereinbarungen und Vorauszahlungen hoher Beträge sind durchaus üblich. Solange die Geschäfte reibungslos abgewickelt werden können, stört sich naturgemäß niemand daran. Können jedoch plötzlich weder die bestellten Fahrzeuge geliefert noch die geleisteten Anzahlungen zurückerstattet werden, ist guter Rat teuer. Die Durchsetzung der Ansprüche scheitert nicht selten an einer infolge bloß mündlicher Absprachen dürftigen Beweislage, den Unwägbarkeiten einer ausländischen Rechtsordnung oder einer aussichtslosen Vollstreckung. Die Vorkasse-Praxis ist zudem Nährboden für betrügerische Schneeballsysteme. Der BVfK bietet Möglichkeiten zur Risikominimierung.

Chance und Risiko, Vertrauen und Kontrolle – vier Aspekte, die im freien Neuwagenhandel von besonderer Bedeutung sind. Seriöse Händler und Vermittler erleiden leider immer wieder Verluste von Vorauszahlungen. Zudem gibt es nicht selten Probleme mit teils erheblichen Abweichungen bei Lieferzeit, Ausstattungen oder sonstigen wesentlichen Vereinbarungen.

Deswegen rät der BVfK einmal mehr zur gewissenhaften Prüfung der Fahrzeugangebote und sorgfältigen Auswahl der Lieferanten, z. B. durch Anfragen beim BVfK oder seinem europäischen Partnerverband E. A. I. V. T. Denn gerade der europäische Neuwagenmarkt ist überschaubar. Wer die Szene kennt, der weiß, dass man sich kennt und wer qualifiziert ist mitzuspielen, und wer zu den unseriösen Trittbrettfahrern zählt. Die Glücksspieler und Jongleure haben in der Regel keinen exklusiven Zugriff auf die Ware und das findet man schnell heraus.

Insbesondere sollten den Versprechen von solchen Lieferanten mit großer Vorsicht begegnet werden, die plötzlich am Markt auftauchen und eine sofortige Lieferfähigkeit vorgeben, die nicht einmal bekannte und vertraute Zwischenhändler bieten können. Der BVfK warnt bereits seit Jahren vor Anbietern, die in regelmäßigen Abständen mit betrügerischer Energie sofort lieferbare Fahrzeuge zu traumhaften Konditionen im Internet offerieren, natürlich nur bei entsprechenden Anzahlungen. Den Händlern dürfte bekannt sein, dass ungesicherte Vorkasse immer eine Gefahr in sich trägt. Dahinter verbirgt sich im Prinzip häufig ein Schneeballsystem, wenn die Anzahlungen nicht für die Beschaffung und Lieferung verwendet werden. Es gilt daher, nicht leichtfertig dem Reiz des Schnäppchens zu erliegen, sondern: „Trau, schau, wem!“

Denn die Folgen für einen geprellten Händler sind weitreichend. Fällt der Lieferant aus, heißt es meist Schulterzucken. Das Geld ist bereits weitergeleitet, wenn es nicht zum Stopfen eigener Löcher, die durch vorausgegangene Lieferausfälle mit untergegangenen Anzahlungen entstanden sind, zweckentfremdet wurde. Sollte der Händler selbst schon Verpflichtungen mit eigenen Endkunden eingegangen sein, drohen weitere Risiken. Seinem Kunden, von dem er ggfs. eine Anzahlung bekommen hat, bleibt er zur Lieferung eines Fahrzeugs auch dann noch verpflichtet, wenn der vermeintliche Zwischenhändler kein Fahrzeug liefern kann. Nach Rücktritt von der Bestellung wegen fehlender Lieferung kann der Kunde die Anzahlung zurückverlangen und womöglich Schadensersatz verlangen. Die Angabe, dass der Zwischenhändler das Fahrzeug noch nicht geliefert habe und die Anzahlung behalte, hilft dem Händler insoweit nicht weiter. Kann dem Kunden eine geleistete Anzahlung nicht zurückerstattet werden, droht unter Umständen sogar Ungemach aus strafrechtlicher Sicht.

Projekt „Sicherer EU-Handel“ – BVfK-Treuhandverwaltung, Internationaler B2B-Kaufvertrag für den Kfz-Handel, Europäisches Schiedsgericht

Seit seiner Gründung beschäftigt sich der BVfK mit den Phänomenen dieses Marktsegments, wozu auch immer wieder Betrugsskandale zählen. Mit dem Ziel, allgemeingültige Regeln und Standards zu etablieren, die Schutz vor Risiken und Sicherheit für seriöse Lieferanten und Abnehmer bieten, ist in diesem Zusammenhang im Jahr 2012 der Grundstein für das Projekt „Sicherer EU-Handel“ gelegt worden.

Eine wichtige Rolle spielt dabei die BVfK-Treuhandverwaltung. In Fällen, in denen ein Kaufvertrag nicht sofort zur Abwicklung kommt, besteht auf Seiten des Verkäufers u. U. ein berechtigtes Interesse an einer Vorauszahlung als Sicherheit. Diese gibt dem Lieferer Gewähr, dass der Besteller das Fahrzeug auch abnimmt. Der Besteller seinerseits möchte die vertragsbestimmte Verwendung seiner Vorauszahlung garantiert wissen. Um den Bedürfnissen beider Vertragspartner gerecht zu werden, übernimmt der BVfK als Treuhänder die Verwaltung der Anzahlung. Die Auszahlung des vom Käufer bei der BVfK-Treuhandverwaltung hinterlegten Geldbetrages an den Verkäufer erfolgt erst, wenn der Nachweis erbracht ist, dass die Ware gemäß den vertraglichen Vereinbarungen geliefert wurde. Willkommener Nebeneffekt: Sollte der Geschäftspartner auf den Vorschlag der Abwicklung über einen Treuhänder ablehnend reagieren, dürfte dies mehr als ein Fingerzeig dafür sein, von diesem Geschäft besser abzusehen.

Zudem bietet der BVfK einen internationalen B2B-Kaufvertrag für den Kfz-Handel an. Neben den üblichen Vertragsbedingungen ist dort vereinbart, dass im Streitfall deutsches Recht zur Anwendung kommt. Ferner besteht die Möglichkeit, den Gerichtsstand zu vereinbaren. Das aber eigentlich Besondere: Bereits bei Abschluss des Kaufvertrages können sich die Parteien als Alternative zur klassischen Gerichtsbarkeit auf die Zuständigkeit des Europäischen Schiedsgerichts mit dem Ziel einer kostengünstigen, effizienten, kompetenten und schnellen zur Klärung rechtlicher Auseinandersetzungen einigen.

Denn Händler müssen bei grenzüberschreitenden Geschäften bedenken, dass sie ihre Rechte im Streitfall womöglich im Ausland vor unbekannten Rechtsordnungen durchsetzen müssen. Dies ist mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Der BVfK kennt mehrere Gerichtsentscheidungen aus dem europäischen Ausland mit Beteiligung von BVfK-Händlern, die bei Zugrundelegung deutschen Rechts anders ausgefallen wären.

Das Europäische Schiedsgericht hingegen soll EU-international tätigen Kfz-Händlern solche langwierigen, risikoreichen und kostenintensiven, sowie auf Seiten der Gerichte oft mit wenig Sachkunde über die spezifischen Anforderungen des grenzüberschreitenden Handels geführten Verfahren an fremden nationalen Gerichten zu ersparen. Damit wird eine rechtlich ausdrücklich zulässige Form der alternativen rechtlichen Auseinandersetzung genutzt. Das Schiedsgericht kann – abhängig von der Schiedsvereinbarung der Parteien – sowohl in einem meditativen Verfahren einen Einigungsvorschlag unterbreiten als auch in einem entscheidenden Verfahren einen bindenden Spruch fällen.  Auf diesem Weg kommen die Vertragspartner regelmäßig zu einer schnelleren und günstigeren Lösung als auf dem ordentlichen Rechtsweg.

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