Wie weit reicht der Schutz einer Marke? Porsche und die Abmahnkanzlei UNIT4 IP treiben es nach Auffassung der BVfK-Rechtsabteilung auf die Spitze

Wie weit reicht der Schutz einer Marke? Porsche und die Abmahnkanzlei UNIT4 IP treiben es nach Auffassung der BVfK-Rechtsabteilung auf die Spitze

Markenrechtlicher Schutz ist wichtig. Von ihm profitieren nicht nur Hersteller, auch Sie als freier Händler können sich Ihr Logo (Bildmarke), Ihre individuelle Wortschöpfung (Wortmarke) oder eine Kombination aus beidem (Wort-/Bildmarke) schützen lassen, womit Sie ein Alleinstellungsmerkmal schaffen, welches kein im selben Segment tätiges Unternehmen kopieren darf. Allerdings unterliegt das Recht an der eigenen Marke dem sogenannten „Erschöpfungsgrundsatz“, der u.a. besagt, dass eine vom Markeninhaber willentlich in den Verkehr gebrachte mit einer Marke gekennzeichnete Ware von anderen vertrieben und beworben werden darf.

Porsche-Felgen auf VW-Golf – Der Sachverhalt

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei folgender Fall geschildert: Ein BVfK-Mitglied bot kürzlich im Wege der Vermittlung ein Fahrzeug des Typs VW Golf auf einer gängigen Online-Plattform an. Auf den Bildern war eindeutig ein VW Golf zu erkennen, an dem jedoch Felgen des Herstellers Porsche angebracht waren. Auf diesen Umstand wies der Anbieter in der Angebotsüberschrift hin.

Daran störte sich der Hersteller Porsche allerdings und wies die der BVfK-Rechtsabteilung inzwischen wohlbekannte Kanzlei „UNIT4 IP“ an, den Händler abzumahnen. Gleichzeitig störte man sich herstellerseitig an der Veröffentlichung des Inserats einer ebenfalls im Wege der Vermittlung angebotenen Porsche Replika, die als solche gekennzeichnet war.

Den Streitwert sah die Kanzlei bei 300.000 €, sodass sich die anwaltlichen Gebühren für die Abmahnung auf 4.273,41 € beliefen.

Die Rechtslage

Das Angebot der Replika können wir kurz abhaken: Nach dem markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz darf eine Marke wie eingangs erwähnt nur dann beworben werden, wenn die mit Ihr versehene Ware mit dem Willen des Herstellers in den Markt eingeführt wurde. Das trifft auf Nachbauten, auf denen meist ohne Zustimmung des Herstellers dessen Logo angebracht wird, in den seltensten Fällen zu.

Spannender ist die Frage, ob man Porsche-Felgen am Fahrzeug eines anderen Herstellers anbringen und auf diese Weise bewerben darf. „Warum nicht?“, werden Sie sich sicherlich fragen. Schauen wir uns zunächst die Argumentation der Gegenseite an:

  • Nach Auffassung von Porsche und der Kanzlei UNIT4 IP deshalb nicht, weil durch die Bewerbung der Porsche Felgen in der Angebotsüberschrift hinter der Bezeichnung „Volkswagen Golf GTI“ der Bekanntheitsgrad der Marke Porsche ausgenutzt werde.
  • Der Verkehr könne das Angebot aufgrund der unterschiedlichen Markenkennzeichnungen (VW-Emblem u. Porsche-Wappen auf den Felgen) so verstehen als stamme das Fahrzeug insgesamt vom Hersteller Porsche.
  • Zur Begründung bezog man sich außerdem auf eine Reichsgerichtentscheidung aus dem Jahre 1930, in der entschieden wurde, dass eine Markenrechtsverletzung vorliege, wenn an dem Heizkissen eines Herstellers der mit dem Logo gekennzeichnete Drehregler eines anderen Herstellers angebracht werde.
  • In einem einstweiligen Verfügungsverfahren in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt sei man dieser Ansicht bereits gefolgt.

Der BVfK wandte daraufhin u.a. Folgendes ein:

  • Soweit auf die Verbindung mit dem Fahrzeug abgestellt wird, lassen die Abmahnenden außer Acht, dass die blickfangmäßig hervorgehobene und fettgedruckte Überschrift „Volkswagen Golf“ lautet, das vermutlich bekannteste aller hierzulande zugelassenen Fahrzeuge. Lediglich in der nachgelagerten, weniger hervorgehobenen Anzeigenüberschrift wird zutreffend darauf hingewiesen, dass am Fahrzeug „Porsche Felgen“ angebracht sind. Auf den Bildern ist das Fahrzeug außerdem eindeutig als VW Golf identifizierbar, das Porsche Wappen auf den Felgen so klein, dass es kaum auffällt.
  • Davon abgesehen wäre es nach Auffassung der Gegenseite schlicht gar nicht mehr möglich, Bereifung oder sonstiges Zubehör von Drittanbietern, welches entsprechend durch eine Marke gekennzeichnet ist, an einem Fahrzeug anzubringen, ohne dass der angesprochene Verkehr davon ausgehen könnte, das Fahrzeug stamme insgesamt von diesem Drittanbieter.
  • Der Sacherhalt aus der Entscheidung des Reichsgerichts vom 05.11.1930 ist nicht vergleichbar. Ein Heizkissen hat in der Regel keine vom Verkehr einem bestimmten Hersteller zugeordnete Form. Anders aber im Automobilsektor, wo nichts mehr als die Form das Produkt eindeutig prägt und dem Verkehr eine Zuordnung ermöglicht. Ein als VW Golf beschriebenes und abgebildetes Fahrzeug dürfte von niemandem ernsthaft als Fahrzeug der Marke Porsche identifiziert werden.
  • Ein einstweiliges Verfügungsverfahren bietet lediglich vorläufigen Rechtsschutz. Hier wird die Gegenseite in der Regel gar nicht angehört. Die Rechtslage muss im sich anschließenden Hauptsacheverfahren geklärt werden. Eine Entscheidung auf diesem Wege hat kaum Bedeutung, selbst wenn ein vergleichbarer Sachverhalt vorläge.

Wie würden Sie entscheiden?

Wie gesagt: Markenschutz ist sinnvoll und wichtig, aber er hat seinen Grenzen. Nach unserer Auffassung sind diese im vorliegenden Fall eindeutig überschritten. Hier scheint es vornehmlich darum zu gehen, den Streitwert und damit die Abmahnkosten in die Höhe zu treiben, sei es als Druckmittel oder zu Bereicherungszwecken.

Haben Sie bereits ähnliche Erfahrungen gemacht oder sind Sie akut von einem vergleichbaren Sachverhalt betroffen? Melden Sie sich gerne bei

Ihre BVfK-Rechtsabteilung

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