Neues Gewährleistungsrecht ab 2022. Heute: Ausschluss der Haftung für Software-Updates

Neues Gewährleistungsrecht ab 2022. Heute: Ausschluss der Haftung für Software-Updates

Bereits vor Einführung des neuen Gewährleistungsrechts hatten wir den neuen Sachmangelbegriff nach § 434 BGB erläutert. Noch weitreichender ist ein Kernelement des neuen Sachmängelhaftungsrechts, nämlich der Sachmangelbegriff nach § 475b BGB, der sich auf „Waren mit digitalen Elementen“ erstreckt. Der Verkäufer hat zum einen für Sachmängel an den digitalen Elementen selbst aber darüber hinaus auch dafür einzustehen, dass diese während des „Bereitstellungszeitraums“ mit Updates bzw. Aktualisierungen versorgt werden. Wie nachfolgend aufgezeigt, wird dieser Aspekt aufgrund der Möglichkeit eines vertraglichen Haftungsausschlusses vermutlich allerdings eine eher untergeordnete Rolle spielen.

Sachmängel an Waren mit digitalen Elementen

Die relevanten Vorschriften sind innerhalb des BGBs im Kapitel „Verbrauchsgüterkauf“ eingeordnet und betreffen dementsprechend auch nur Verkäufe von Unternehmern an Verbraucher. Sie bezieht sich ferner auf Waren mit sogenannten „digitalen Elementen“. Hierunter sind digitale Inhalte oder Dienstleistungen zu verstehen, ohne die die Sache ihre (vertraglich vereinbarten oder üblicherweise zu erwartenden) Funktionen nicht erfüllen kann. Nach überwiegender Auffassung ist hierunter keine Gesamtfunktionalität zu verstehen, sodass es nicht zu einer Funktionseinschränkung des gesamten Fahrzeugs kommen muss. Auch Mängel an digitalen Inhalten einzelner Fahrzeugbestandteile dürften demnach zu einer Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs im Sinne des § 475b BGB führen können, weshalb insbesondere „smarte Fahrzeuge“ betroffen sein dürften, die mit Tablet-artigen Bedienelementen ausgestattet sind und das Auto zum „rollenden Computer“ umfunktionieren.

Ansonsten gilt: Die Haftung für digitale Inhalte ist nicht neu, denn wenn die Software als digitales Element der Hardware etwaige Fehlfunktionen aufweist, haftet der Händler bereits jetzt. Nur sind die Voraussetzungen der neuen gesetzlichen Regelungen anders und bringen teilweise zusätzlich Hürden mit sich, auf die wir in einem der folgenden Beiträge eingehen werden.

Besondere Voraussetzung: Die Updatepflicht

Darüber hinaus werden digitale Elemente häufig regelmäßig mit Updates versorgt. Auch die Einhaltung entsprechender Aktualisierungspflichten ist Bestandteil der gesetzlichen Normen. So heißt es dort etwa:

„Eine Ware mit digitalen Elementen ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang und in Bezug auf eine Aktualisierungspflicht auch während des Zeitraums nach Absatz 3 Nummer 2 und Absatz 4 Nummer 2 den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen, den Montageanforderungen und den Installationsanforderungen entspricht.“

Dabei gilt auch bei dieser Vorschrift grundsätzlich das, was bereits im vergangenen Wochenendticker dargestellt wurde: Es kommt zum einen darauf an, ob die Parteien etwas zu fortlaufenden Updates vereinbart haben, zum anderen aber auch darauf, was der Käufer üblicherweise nach Art der Sache erwarten darf. Der Verkäufer muss den Käufer dementsprechend über bevorstehende Updates informieren und diese anschließend auch bereitstellen (= Die Durchführung der Installation dürfte dem Käufer obliegen, die Bereitstellung einer verständlichen Installationsanleitung aber dem Verkäufer!).

Um abzuschätzen, wie weitreichend der Haftungsumfang des Händlers in Hinblick auf Updates zukünftig sein wird, muss man die digitalen Elemente des Fahrzeugs kategorisieren: Es gibt solche, die den Spaßfaktor erhöhen, solche, die eine Verbesserung des Fahrzeugs mit sich bringen und solche, die für den Betrieb des Fahrzeugs zwingend notwendig sind. Bei Letzteren findet sich der Grundgedanke des Gesetzgebers wieder: Ohne das digitale Element ist die mit ihm verbundene Ware wertlos. Auszuschließen ist allerdings keinesfalls, dass auch eher dem Spaß zugeordnete digitale Elemente des Fahrzeugs als wesentlich gelten, wenn der Käufer deren einwandfreie Funktion erwarten kann. Im Grunde ist jegliche Software relevant, die die Sache zur Ausführung ihrer Funktionen benötigt.

Allerdings wird man festhalten können, dass sich die Anwendungsfälle für „gewöhnliche Fahrzeuge“ in Grenzen halten, denn wenn die Sache „ihre Funktionen“ nicht mehr erfüllen kann, wird im Falle klassischer Steuergeräte und betriebsnotwendiger Funktionen herstellerseitig meist umgehend ein Update bereitgestellt, sodass nur wenige Streitfälle auftreten dürften. Je smarter Autos jedoch werden, umso häufiger werden die neuen Vorschriften Relevanz erlangen, wenn Updates digitaler Inhalte zur üblichen Käufererwartung werden.

Der „Rettungsanker“: Der Ausschluss der Haftung für Updates

Wer jetzt befürchtet, zukünftig für eine unüberschaubare Anzahl an Updates einstehen zu müssen, auf die man als freier Händler vielleicht sogar keinen Zugriff hat, der sei entwarnt. Das Gesetz führt nämlich auch die Möglichkeit ein, die Update-Pflicht abzubedingen und somit faktisch auszuschließen. Da die Haftung für Waren mit digitalen Elementen ohnehin nur beim Verkauf an Verbraucher begründet werden kann, gelten die nachfolgend beschriebenen Formanforderungen im B2B-Bereich nicht.

Sofern vereinbarte oder üblicherweise erwartbare Aktualisierungs- und damit verbundene Informationspflichten ausgeschlossen werden sollen, muss Folgendes geschehen:

  • Der Käufer muss vor Vertragsschluss eigens hierüber in Kenntnis gesetzt werden
  • Die Abweichungen müssen im Vertrag gesondert und ausdrücklich vereinbart werden (Nicht durch formularmäßige AGB-Klauseln!)

Es empfiehlt sich daher zum einen ein gesondertes vorvertragliches Informationsblatt, auf dem die Abweichungen dokumentiert werden und das zu Beweiszwecken vom Käufer zu unterzeichnen ist. Im Vertrag selbst sollten die Abweichungen optisch hervorgehoben und ebenfalls vom Käufer unterzeichnet werden.

In die BVfK-Vertragsformularen wird ein solcher Hinweis integriert werden. Wer eigene Formulare oder die eines Drittanbieters verwendet, sollte sicherstellen, dass die vorstehenden Formanforderungen eingehalten werden! Es ist nach derzeitiger Beurteilung davon auszugehen, dass ein pauschaler Ausschluss reicht. Vom Verkäufer dürfte kaum verlangt werden können, alle in Betracht kommenden Updates einzeln aufzuzählen.

Anmerkung der BVfK-Rechtsabteilung

Der Gesetzgeber (sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene) hatte bei Entwicklung der Richtlinie bzw. deren Umsetzung wohl hauptsächlich kleinere Alltagsgegenstände im Sinn und hat offensichtlich nicht bedacht, wie komplex digitale Elemente aktueller Fahrzeuge ausfallen. Es gilt daher, nicht nur die Rechtsprechung von den Besonderheiten digitaler Elemente in Fahrzeugen zu überzeugen, sondern auch das allgemeine Verbraucherleitbild zu formen, z.B. durch etablierte und branchenträchtige Meinungsbildungsforen wie den Deutschen Autorechtstag.

Jedem BVfK-Mitglied – bzw. jedem Autohändler – sei anzuraten, sich rechtzeitig über die „Schuldrechtsreform 2.0“ zu informieren. Die regelmäßige Lektüre des Wochenendtickers liefert eine gute Basis, die eine intensive und praxisbezogene Vermittlung des Wissens in (Präsenz-)Seminaren jedoch nicht vollständig ersetzen kann.

Im Übrigen verschafft das BVfK-Dossier zum neuen Gewährleistungsrecht einen ersten Gesamtüberblick.

Ihre BVfK-Rechtsabteilung