Neue Pkw-EnVKV ab 01.05.2024 wird scharf geschossen – droht jetzt ein „Abmahn-Tsunami“?

Neue Pkw-EnVKV ab 01.05.2024 wird scharf geschossen – droht jetzt ein „Abmahn-Tsunami“?

Am 30.4.2024 endet die Übergangsfrist für die Umsetzung der neuen Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung für PKW (Pkw-EnVKV)

Zunächst ließ der Gesetzgeber sich mit der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Anpassung der Pkw-EnVKV jahrelang Zeit, womit ein sich immer weiter ausdehnendes rechtliches Vakuum entstand, welches das Wirtschaftsministerium notdürftig zu füllen versuchte. Es wurden übergangsweise Doppelkennzeichnungen mit NEFZ- und WLTP-Werten empfohlen, die aus Verbrauchersicht wohl mehr verwirrt haben dürften, als kaufentscheidende Informationen zu liefern. Als man die Lösung gefunden zu haben schien, trat die um sie herumgestrickte Gesetzesnovelle mit Wirkung zum 23.2.2024 von einem auf den anderen Tag in Kraft. Es sei schließlich eine besondere Eilbedürftigkeit festzustellen, so die Gesetzesbegründung.

Der Verunsicherung der Leidtragenden, nämlich Handel und Endkunden gleichermaßen, wollte man durch relativ knappe Übergangsfristen entgegenwirken. Allerdings wurde die bis zum 30.4.2024 festgesetzte Umsetzungsfrist für Online-Werbung dahingehend eingeschränkt, dass sie nur für Bestandswerbung gelten solle. Neufahrzeuge, die nach dem 22.2.2024 erstmalig beworben werden, müssen somit bereits den neuen Anforderungen genügen. Doch welche sind das eigentlich?

Die Anforderungen der Pkw-EnVKV für den Online-Vertrieb

Das hängt davon ab, ob es sich um reine Werbung oder einen Vertrieb im Fernabsatz handelt. Bei reinem Werbematerial, also laut Gesetz „jeder Form von Information, die für die Vermarktung und Werbung zum Kauf, zur Langzeitmieter oder zum Leasing neuer Personenkraftwagen in der Öffentlichkeit verwendet wird“, beschränken sich die anzugebenden Werte auf die CO2-Klasse, den kombinierten Energieverbrauch und die kombinierten CO2-Emissionen, im Falle eines Plug-In-Hybrid jeweils gewichtet und ergänzt um den Kraftstoffverbrauch bei entladener Batterie.

Deutlich komplizierter wird es, wenn Fahrzeuge zum Zweck des Fernabsatzes angeboten werden. Der bislang gesetzlich geregelte „virtuelle Verkaufsraum“ wurde begrifflich gestrichen und durch den reinen Fernabsatzvertrieb ersetzt. Da die vormals im Gesetz enthaltene Variante des „Ausstellens“ ebenfalls wegfällt und die Absicht, das Fahrzeug mittels Fernabsatz zu vertreiben, ergänzt wurde, dürfte der Rechtsprechung, die Plattformen wie Mobile.de und Autoscout24 bislang als „virtuelle Verkaufsräume“ eingestuft hatte, nach hiesiger Auffassung ein ganzes Stück weit der Boden entzogen sein.

Die an den Fernabsatzvertrieb gekoppelten Voraussetzungen beachten müssen jedenfalls Anbieter, die eine unmittelbare Bestelloption bereithalten oder einen Konfigurator zur Verfügung stellen, bei dem die Werte spätestens dann erscheinen müssen, wenn die Konfiguration abgeschlossen ist. Es ist durchaus denkbar, dass die Vorschrift von der Rechtsprechung weit ausgelegt wird und Online-Börsen, in denen Fahrzeuge nur präsentiert und nach bestimmten Kriterien sortiert und eingegrenzt werden können, erfasst. Zumindest ließe sich durch Testanfragen leicht herausfinden, ob ein Fahrzeug per Fernabsatz – also unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln – erworben werden kann, womit wohl die erweiterten Angabepflichten ausgelöst werden dürften.

Zu ihnen zählen der Energieverbrauch in der Innenstadt, am Stadtrand, auf Landstraße und Autobahn, die grafische Darstellung der CO2-Klasse, die Energiekosten bei 15.000 km Jahresfahrleistung, die möglichen CO2-Kosten über die nächsten 10 Jahre, die Kfz-Steuer sowie die Fahrzeugidentifikationsnummer.  Hinzu kommen diverse Hinweise, unter anderem auf die Abrufbarkeit des CO2-Leitfadens.

Am Stichtag sollte man gewappnet sein, die Abmahner dürften bereits lauern

Der BVfK konnte beobachten, dass eine Vielzahl der Online-Werbemaßnahmen wohl nicht den neuen gesetzlichen Anforderungen genügen dürften, sofern diese nach dem 23.02.2024 veröffentlicht wurden und damit nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums aus der Übergangsregelung herausfallen. Gleichwohl ist bislang keine Abmahnung bekannt geworden, die auf das Fehlen der neuen gesetzlichen Voraussetzungen gestützt wurde.

Ist das die berühmte „Ruhe vor dem Sturm“? Die Übergangsregelung ist hinsichtlich ihrer Reichweite interpretationsfähig und vermutlich wollen Abmahner weder ein eigenes Risiko eingehen noch eine Welle der Geltendmachung von Staatshaftungsansprüchen auslösen. Gewiss dürfte sich dies ab dem 01.05.2024 allerdings ändern. Wer bis dahin auf Plattformen wirbt, die keine entsprechenden Darstellungsmöglichkeiten bieten oder es gar versäumt, eigens entwickelte bzw. verwaltete Werbeplattformen anzupassen, dürfte hochgradig abmahngefährdet sein!

Der BVfK rät somit dringend dazu, sämtliche werblichen Darstellung vor der Übergangsfrist anzupassen oder vorübergehend zu entfernen. Besteht auf der genutzten Plattform die Möglichkeit, Fahrzeuge im Wege des Fernabsatzes zu erwerben oder werden die Fahrzeuge zumindest mit entsprechender Absicht dort zum Kauf angeboten, ist vorsorglich dazu zu raten, die oben dargestellten erweiterten Angaben zu veröffentlichen. Laut Pkw-EnVKV wäre diese Anforderung erfüllt, wenn die im Gesetz abgebildeten und unter www.alternativ-mobil.info (Webseite der dena im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums) erstellbaren Labels in dem Moment veröffentlicht werden, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung erscheinen. Verzichten Sie auf die Abbildung der erweiterten Label-Inhalte, sollten Sie auf jede Anfrage zu möglichen Fernabsatzverträgen zumindest dergestalt reagieren, dass eine persönliche Fahrzeugbesichtigung und/oder eine Unterzeichnung des Kaufvertrags vor Ort zwingende Voraussetzung ist. Alternativ böte es sich an, in Verbindung mit einer Fernabsatzofferte das vollständige Label zu übersenden.

Wenn Sie von einer Abmahnung betroffen sind, unterschreiben Sie nichts ohne vorherige rechtliche Prüfung!

Wenden Sie sich dazu gerne an die BVfK-Rechtsabteilung: rechtsabteilung@bvfk.de