„Irrtümer vorbehalten“ – Auch nach neuem Gewährleistungsrecht oftmals eher schädlich als nützlich

„Irrtümer vorbehalten“ hilft nicht! Inseratsangaben „wachsen“ dem Vertrag zu.

Inseratsangaben wachsen dem Vertrag zu, wenn sie dort nicht ausdrücklich korrigiert werden. Online-Angebote sind oft mit dem oder einem ähnlichen Hinweis wie „Irrtümer vorbehalten“ versehen. Doch was wird dadurch in rechtlicher Hinsicht eigentlich bewirkt? Da diese Frage in der Diskussionsrunde des BVfK-Seminars zum neuen Gewährleistungsrecht am vergangenen Mittwoch in Stuttgart eine zentrale Rolle spielte, möchten wir noch einmal überblicksartig für Aufklärung sorgen.

Öffentliche Äußerungen werden zum Bestandteil des Kaufvertrags

Gerichtlich weitestgehend übereinstimmend geklärt ist inzwischen, dass Angaben in Online-Inseraten als sogenannte „öffentliche Äußerungen“ zum Bestandteil eines später geschlossenen Kaufvertrages werden, solange sie nicht rechtzeitig, d.h. vor Vertragsschluss, ausdrücklich widerrufen werden. Viele Händler bedienen sich daher neben dem Vorbehalt von Irrtümern der Aussage, dass die veröffentlichten Angaben lediglich als Angebotsüberblick zu verstehen und daher nicht verbindlich seien.

Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass man auf diese Weise der Haftung für falsche oder fehlende Angaben entgehen kann. Vielmehr handelt es sich um einen rein klarstellenden Hinweis, der einem die Möglichkeit einräumen soll, Angaben im Vorfeld vor Vertragsschluss zu korrigieren und gleichzeitig dem Vorwurf einer arglistigen Täuschung entgegenzuwirken. Gewährleistungsrechtlich hat ein solcher Passus im Übrigen keine Auswirkungen.

Dies stellt vor allem Händler vor Herausforderungen, die größere Fahrzeugmengen über zentrale Verwaltungssysteme in eine Vielzahl von Börsen einspeisen lassen. Es empfiehlt sich, die veröffentlichten Angebote vor Vertragsschluss stets gründlich auf Vollständigkeit zu überprüfen. Vor allem die Nachrüstung elektronischer Sonderausstattung ist oftmals mit hohen Kosten verbunden.

Anforderungen werden durch neues Gewährleistungsrecht ab 2022 verschärft

Wir erinnern uns (Wochenendticker vom 25.09.2021): Ab dem 1. Januar 2022 gilt ein neuer Sachmangelbegriff. Die Sache muss dann gleichzeitig den vertraglich vereinbarten und den üblicherweise zu erwartenden Anforderungen entsprechen, wovon öffentliche Äußerungen in der Werbung umfasst sind. Von diesen Anforderungen wird zukünftig nur dann abgewichen werden können, wenn der Käufer vor Vertragsschluss und außerhalb des Vertrags über die Abweichung in Kenntnis gesetzt wurde und die Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde.

Was bedeutet das konkret? Wenn in der Werbung ein Ausstattungsmerkmal aufgeführt wird, von dem sich später herausstellt, dass es tatsächlich nicht vorhanden ist, muss der Verkäufer den Käufer hierüber mit ausreichendem Abstand vor Vertragsschluss informieren. Diese Information sollte zu Beweiszwecken schriftlich dokumentiert werden. Im Vertrag selbst sollte das fehlende Ausstattungsmerkmal hervorgehoben und vom übrigen Vertragsinhalt abgegrenzt erwähnt und diese Abweichung vom Käufer gesondert unterzeichnet werden. Nur dann werden Sie das Fehlen des Ausstattungsmerkmals zukünftig wirksam vereinbaren können.

BVfK-Dealer-Management bereitet Sie optimal auf kritische Situationen vor

Nicht nur plant der BVfK eine automatisierte Screenshot-Abbildung Ihres Angebots auf der BVfK-Autowelt, um spätere Falschbehauptungen des Käufers im Ernstfall widerlegen zu können. Das zukünftige BVfK-Vertragswerk hilft dabei, Missverständnissen vorzubeugen und bietet Ihnen die Möglichkeit, Verträge unter Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben rechtssicher zu gestalten. Wie schon im Editorial dieses Wochenendtickers beschrieben, sollen Komfort und Kundenorientierung dabei keinesfalls zu kurz kommen, sodass der Vertragsumfang sowie die Erläuterungen wesentlicher Vertragsinhalte noch einmal deutlich reduziert bzw. präzisiert und für den Händler und Kunden zugleich verständlicher formuliert werden.

Wettbewerbsrechtliche Bedeutung

Der BGH hat sich bereits mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Verbraucher durch Hinweise wie „Änderungen und Irrtümer vorbehalten“ in die Irre geführt werde.

Der Vorwurf des damals klagenden Verbands: Eine derartige Klausel sei als allgemeine Geschäftsbedingung zu verstehen, die den Verbraucher unangemessen benachteilige. Der BGH verneinte dies im Ergebnis allerdings und sah in dem Hinweis lediglich die Klarstellung der Widerruflichkeit von Inserats-Angaben. Allerdings dürfe der Hinweis nicht dazu verwendet werden, Verbraucher von der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen abzuhalten. Von der Verwendung dahingehender Zusätze wie

„Änderungen und Irrtümer vorbehalten – für fehlende Ausstattungsmerkmale übernehmen wir keine Gewährleistung“

ist daher abzuraten.

Bei Fragen zur Angebotsgestaltung wie selbstverständlich auch dann, wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“, können Sie uns gerne jederzeit kontaktieren!

Ihre BVfK-Rechtsabteilung

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