Dreister Autokäufer will Leasingvertrag nach 3 Jahren kostenfrei widerrufen – und verstößt damit gegen „Treu & Glauben“

Dreister Autokäufer will Leasingvertrag nach 3 Jahren kostenfrei widerrufen – und verstößt damit gegen „Treu & Glauben“

Die BVfK-Rechtsabteilung wird nahezu täglich mit Fällen konfrontiert, in denen die Vermutung im Raum steht, der Käufer suche kurz vor Ablauf gesetzlicher Fristen nach Gründen, die eine Rückgabe des Fahrzeugs mit möglichst geringem finanziellen Verlust rechtfertigen. In einem vom OLG Hamm zu entscheidenden Fall wollte der Käufer den einen Finanzierungsleasing-Vertrag gar nach vollen drei Jahren kostenfrei widerrufen. Hat das Aussicht auf Erfolg?

Widerruf aufgrund von Fernabsatz- oder Darlehensvertrag?

Diese Frage ist voranzustellen, denn beide Konstellationen bieten grundsätzlich Spielraum für Widerrufsmöglichkeiten. Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag regelmäßig ein Widerrufsrecht zu. Der Widerruf des Darlehensvertrags führt, da es sich um ein verbundenes Geschäft handelt, grundsätzlich auch zur Auflösung des mit daran gekoppelten Kaufvertrages. Hierbei ist insbesondere auf die Wirksamkeit der Klauseln des Darlehensvertrags zu achten (Stichwort „Widerrufsjoker“, siehe Wochenendticker vom 11. September 2021).

Über die Grundprinzipien des Fernabsatzgeschäfts haben wir letztmalig mit Wochenendticker vom 15. Mai 2021 aufgeklärt (bitte hier klicken – WE-Ticker vom 15. Mai 2021). Sofern der Käufer das Fahrzeug niemals besichtigt hat und der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (E-Mail, Fax, Telefon) zustande kam, sollten zwingend Widerrufsbelehrung und Widerrufsformular an den Käufer übergeben werden, beides zu finden im BVfK-Mitgliederbereich (bitte hier klicken – Widerrufsdokumente). Versäumen Sie dies, kann der Käufer den Vertrag ein Jahr und 14 Tage lang jederzeit widerrufen. Widerrufsbelehrung und -formular können jedoch jederzeit nachgereicht werden, womit die 14-Tagesfrist in Gang gesetzt wird.

Des Weiteren kommt es auf die Art des Vertrags an. Das Gesetz enthält eine Aufzählung von Verträgen, die kein Widerrufsrecht trotz Fernabsatzgeschäft auslösen, so unter anderem auch „Verträge zur Kraftfahrzeugvermietung“. Im Fall, den das OLG Hamm zu entscheiden hatte, musste allerdings nicht geklärt werden, ob Kfz-Leasingverträge, bei denen es sich um eine Art von Mietverträgen handelt, unter diese Regelung fallen und daher vom Widerrufsrecht ausgeschlossen sind. Denn zum Zeitpunkt, als der Käufer widerrief, war die Frist von einem Jahr und 14 Tagen bereits abgelaufen.

Diese Frist würde ausnahmsweise dann nicht greifen, wenn der Leasingvertrag als „Finanzdienstleistung“ einzustufen wäre, denn dann bestünde die Widerrufsmöglichkeit womöglich sogar zeitlich unbegrenzt. Allerdings haben Finanzdienstleistungen, wie der Name schon sagt, einen rein finanziellen und keinen güterbezogenen Leistungsaustausch zum Gegenstand. Bei einem Leasingvertrag handelt es sich um eine Gebrauchsüberlassung auf Zeit gegen Entgelt, sodass nach Ansicht des OLG Hamm nicht von einer Finanzdienstleistung auszugehen sei.

Der Rettungsanker – Treu & Glauben?

Was aber in Fällen, in denen die Widerrufsfrist noch nicht verstrichen ist oder eine Einstufung als Finanzdienstleistung vorzunehmen wäre? Dazu äußert sich das OLG Hamm vorsorglich ebenfalls: „Treu & Glauben“ lautet das etwas sperrige und zunächst nicht vielsagende Zauberwort. Darauf kann sich die andere Partei dann berufen, wenn eine formale Rechtsstellung missbräuchlich ausgenutzt wird. Wie so oft kommt es für die Bewertung auf die Gesamtumstände des Einzelfalls an, bei der die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen sind.

Die Krux im Fall des „dreisten Käufers“: Der Verkäufer hatte in seiner Widerrufsbelehrung nicht darauf hingewiesen, dass im Falle des Widerrufs Wertersatz zu leisten ist, was im Regelfall dazu führt, dass der Käufer kostenfrei widerrufen kann!

Das Gericht hatte dem jedoch einen Riegel vorgeschoben: Der Käufer soll den Widerruf ausschließlich zur Erlangung eines erheblichen wirtschaftlichen Vorteils erklärt haben. Er begehrte die Rückzahlung sämtlicher Leasingraten, ohne dass der Händler für die Nutzung entschädigt werden sollte. Sachliche, nicht in einer bloßen Bereicherung liegende Gründen, die zum Widerruf führten, konnte das Gericht nicht erkennen.

Fazit der BVfK-Rechtsabteilung

Die Entscheidung zeigt erfreulicherweise, dass der Verkäufer in Widerrufsfällen nicht immer den Kürzeren ziehen muss, insbesondere, wenn der Käufer versucht, Schlupflöcher in Bereicherungsabsicht auszunutzen.

Dennoch sollten Sie Vorsicht walten lassen und bei Fernabsatzgeschäften Folgendes klären:

  • Um welchen Vertragstyp handelt es sich? (Kauf/Miete/Leasing)
  • Wurde der Kaufpreis finanziert? Enthält der Finanzierungsvertrag Fallstricke?
  • Wurden dem Käufer Widerrufsformular und Widerrufsbelehrung ausgehändigt?
  • Wurde der Käufer – wie in den BVfK-Formularen – darauf hingewiesen, dass im Falle des Widerrufs Wertersatz zu leisten ist?

Auch sollten Sie einen Blick auf die BVfK-Autowelt werfen, die Ihnen den rechtssicheren Online-Verkauf ermöglicht.

Ihre BVfK-Rechtsabteilung

> zurück zum BVfK-Wochenendticker