„Betrügerische Tendenzen“ bei Oldtimern

„Betrügerische Tendenzen“ bei Oldtimern

Obwohl Händler größten Wert auf gute Ware legen, ist Betrug keine Seltenheit

Text: Renate Freiling

Wer sich mit Oldtimern auskennt, weiß, dass deren Reparaturen und Restaurierungen ein weites Feld sind. Mangelnde Ersatzteile oder die Idee, aus einem Basismodell etwas mehr zu machen, lassen so manchen Bastler kreativ werden. Doch absichtlich hochgerüstete Preziosen sind ein Problem. Einige wenige, windige Verkäufer erhoffen sich mit solchen Umbauten und einer erfundenen Geschichte rund um das Schätzchen schnelles Geld.

Interessante Oldtimer zum Verkauf finden sich in den einschlägigen Internetportalen, bei Händlern oder am Straßenrand. Man kommt ins Staunen, wenn man die Verkaufsanzeigen liest – wer der prominente Erstbesitzer war oder welche Rallyes der Bolide gefahren ist. „Bei Renn- und Rallyefahrzeugen oder richtig seltenen Vorkriegsoldtimern sind einige Fälschungen auf dem Markt“, sagt Norbert Schroeder, Oldtimer-Experte des TÜV Süd. „Doch auch bei jüngeren Oldies sind betrügerische Tendenzen zu entdecken.“

Der Oldtimer-Experte des TÜV Süd,Norbert Schroeder, erklärt die Besonderheiten eines Ford Capri RS
 

Vor gut einem Jahr führten Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Aachen zur Verhaftung eines Händlers, der als Kopf eines Netzwerks millionenschwere Oldtimer verkauft haben soll. Aus schrottreifen, wohl überwiegend Renn-Oldtimern und Ersatzteilen hatte das Netzwerk seltene Preziosen gezaubert. „Ursprung des Verfahrens waren Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Zulassungspapieren hochwertiger Oldtimer, die schließlich zu dem Hauptbeschuldigten führten“, erklärt der zuständige Staatsanwalt Jan Balthasar. „Die Ermittlungen zu diesen Zulassungsvorgängen und der Weitergabe mutmaßlich nachgebauter Oldtimer dauern an.“

Papiere, Historie, Ersatzteile und ein paar kleine Umbauten – die potentiellen Ansatzpunkte zum Betrugs sind ein weites Feld. Ein vorgetäuschter Originalzustand oder die Aufrüstung zum Sondermodell ist oft nur mithilfe eines Gutachters zu erkennen und nachzuweisen. Unter den gängigen Serien gab und gibt es gefragte Sondermodelle. „Beim Ford Escort oder Capri waren das die RS-Versionen oder bei Opel der GT/E“, erzählt der Experte. „Man kaufe einen Kadett C für kleines Geld, stecke nochmal einiges für Teile hinein, stricke eine Rallye-Geschichte drumherum, und das dann definitiv und vorsätzlich gefälschte Auto ist fertig für das Oldtimer-Gutachten.“ Damit kann der Wagen im Verkauf weit über 30.000 Euro bringen, ohne diesen Preis wert zu sein.

Besonders kreativ erweisen sich Verkäufer solcher Fakes in der Geschichte der von ihnen angepriesenen Fahrzeuge – welcher Prominente das Auto gefahren hat, aus welchem Land es kommt oder welches Schicksal sein Vorbesitzer erlitten hat. Mit vergilbten Fotos oder Zeitungsausschnitten wird beispielsweise der Appetit angeheizt, der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. „Auch historische Prospekte und Fotos von Rallyes werden vorgezeigt“, so Norbert Schroeder, „auf denen genau das Auto abgebildet ist. Die Lackierung ist dieselbe, auch die typischen Instrumente sind drin und die Sportsitze, die nachträglich eingebaut wurden.“ Daher sollte die Historie immer genau geprüft werden und lückenlos belegbar sein.

Bei Rallyes sieht man ihn häufig, den Opel Kadett C Coupé GT/E. Original oder Fälschung?
Ein originaler Ford Capri RS 2600, wie dieser aus der Sammlung der Kölner Ford-Werke, ist heute selten

Steht ein Oldtimer im frisch restaurierten Zustand und mit neuen Papieren da, wird die Täuschung schwer zu entlarven sein. Gutachter prüfen daher gezielte Punkte auf Nacharbeiten – und das bei allen historischen Sondermodellen. „Wir Gutachter sind sensibel geworden und identifizieren zunächst einmal ganz genau. Ein eben erst geschweißter, vergrößerter Kardantunnel beim Kadett GT/E beispielsweise kann ein erster Hinweis sein.“ Oft sind es nur Außenspiegel, Felgen oder Stoßstangen, die den Unterschied zwischen Serien- und Sondermodell ausmachen. „In solchen Fällen hilft nur eine Überprüfung der Fahrgestellnummer oder der Originalbrief“, so Schroeder. „Die Clubs sind eine große Hilfe und bei den Herstellern besteht darüber hinaus die Möglichkeit, anhand der Fahrgestell- oder Briefnummer den Auslieferungszustand zu erfragen. Viele Nummern kann man sogar im Internet recherchieren.“ Wer dort bereits fündig wird, kann also eine Dublette schnell entlarven. Zwar kosten solche Überprüfungen etwas Zeit, doch die sollte man sich lassen.

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