Königswinter, 23. März 2018
Der 11. DEUTSCHE AUTORECHTSTAG fand in diesem Jahr am 22. und 23.03.2018 wie gewohnt in Königswinter statt, bot den 130 Teilnehmern ein breites Spektrum herausragender Beiträge und vermittelte ihnen eine Vielzahl unterschiedlicher Informationen für Theorie und Praxis. Kompetente und renommierte Referenten berichteten über aktuelle Themen des Autorechts.
Im vorgeschalteten Zusatzseminar informierte Marcus Gülpen, Fachanwalt für Verkehrsrecht, nahezu schon traditionell zu erstattungsfähigen Positionen des Geschädigten nach Verkehrsunfällen. Er lieferte der versammelten Anwaltschaft einen Pool nützlicher Urteile, die der naturgemäß zurückhaltenden Regulierungspraxis der Haftpflichtversicherer entgegen gehalten werden können. Anschließend kommentierte Dr. Matthias Quarch, Vors. Ri. am LG Aachen, Neuregelungen im Verkehrsstrafrecht. Aus aktuellem Anlass legte er das Hauptaugenmerk auf die kürzlich vom BGH entschiedenen „Raserfälle“. Dabei wurde deutlich, dass der BGH in solchen Fällen eine Bewährungsstrafe für unzureichend hält. Mit dem neu eingeführten § 315d StGB seien nunmehr sogar längere Haftstrafen zu erwarten.
Eingangs des Praxisseminars schockte Prof. Dr. Ansgar Staudinger die anwesenden Unternehmervertreter mit einem bislang unbekannten EuGH-Urteil zur Verjährungsfrist von Gewährleistungsansprüchen. Hiernach genüge es auch bei gebrauchten Sachen, dass ein Mangel innerhalb der regelmäßig auf ein Jahr verkürzten Haftungsfrist auftrete. Eine spätere Anzeige beim Verkäufer sei unschädlich. Die im Handel verbreiteten Allgemeinen Geschäftsbedingungen müssten infolgedessen angepasst werden.
Rechtsanwalt Dr. Kurt Reinking nahm zu aktuellen Themen der Autobranche Stellung. Dem öffentlichen Abgesang auf den Dieselmotor schloss er sich dabei nicht an. Insbesondere sei das Elektroauto nicht nur wegen der überraschend schlechten Ökobilanz allenfalls eine Übergangslösung. Der Umstieg auf Wasserstoffautos könnte da zukunftsträchtiger sein.
Rechtsanwalt Herbert Zahn nahm sich den Kilometerleasingvertrag vor und zeigte auf, dass dieser den Verbraucherkreditverträgen mit entsprechenden Informationspflichten unterstellt wird, obwohl der Leasinggeber in dieser Variante nicht den typischen Anspruch auf Vollamortisation hat.
Informationspflichten waren auch der Aufhänger für den kurzweiligen Vortrag von Prof. Dr. Frank Weiler. Er betonte die Aufklärungspflicht des Verkäufers über wesentliche und kaufentscheidende Merkmale des Fahrzeugs. Neuwagenhändler müssten zudem Angaben zu Verbrauchs- und Emissionswerten machen, um der latent drohenden Abmahngefahr zu begegnen.
Eines der mit Spannung erwarteten Themen war der Ausblick auf die Vorschriften der ab dem 25. Mai 2018 anzuwendenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Patrick Kaiser, Rechtsanwalt beim ZDK, lieferte einen profunden Überblick über die künftigen Regelungen der DSGVO. Aufgrund der zahlreichen Problemfelder und Haftungsfallen lag der Schwerpunkt seines Vortrags auf der praktischen Umsetzung dieser komplexen Materie.
Philip Schulte, Mitglied der Geschäftsführung des Katalysator-Herstellers HJS aus Menden im Sauerland, zeigte den Teilnehmern im Zusammenhang mit dem Dieselgate alternative Technologien auf, um Schadstoffemissionen in den Städten zu senken. Neben den Nachrüstungsmöglichkeiten beim Dieselkat stellte er einen „Masterplan“ für die Städte zur Vermeidung von Fahrverboten vor. Schulte resümierte, „den sauberen Diesel gibt es schon heute“.
Ein weiteres Highlight war der Vortrag zur Rechtsprechungsänderung der Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf. Wolfgang Ball, Vors. Richter am BGH a. D., ginghierbei insbesondere auf die jüngst vom BGH aufgegebene Rechtsprechung zu § 476 BGB (jetzt § 477 BGB) ein. Er lieferte in diesem Zusammenhang eine kritische Betrachtung der Entscheidung des EuGH zur Auslegung des Artikels 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und zeigte mögliche Folgen für den Kraftfahrzeughandel auf.
Im Anschluss daran fand unter der Leitung von Prof. Dr. Ansgar Staudinger eine lebhafte Podiumsdiskussion statt, bei der das Pro und Contra der genannten Rechtsprechung diskutiert wurde. Rechtsanwalt Klaus Heimgärtner, ADAC, begrüßte die Entscheidung. Beweisschwierigkeiten für den Verbraucher gehörten der Vergangenheit an. Ganz entschieden übte Dr. Christoph Eggert, Vors. Ri. am OLG Düsseldorf, bei dieser Gelegenheit generelle Kritik: Eine Beweislastumkehr bei gebrauchten Sachen sei „der größte Schwachsinn“, der ihm in 50 Jahren Rechtswissenschaft begegnet sei. Folge dieser Verschiebung zugunsten des Verbrauchers sei auch, dass Kfz-Händler wegen der großen Gewährleistungsrisiken keine preiswerten Fahrzeuge mehr für finanzschwächere Gruppen wie Studenten anbieten könnten, merkte Ass. jur. Moritz Groß, BVfK, an. Zudem müssten Kfz-Händler wieder verstärkt Agenturgeschäfte in Erwägung ziehen, gab Rechtsanwalt Ulrich Dilchert, ZDK, zu bedenken.
Der Hauptveranstaltungstag stand ganz im Zeichen des BGH. Zunächst gab uns Thomas Offenloch, Richter beim VI. Zivilsenat, einen Einblick in die dortige Spruchpraxis bei verkehrsrechtlichen Delikten. Anschaulich wurden nicht nur die Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Auffahrunfällen erklärt, sondern gemeinsam mit den Teilnehmern auch Fragen zum Mitverschulden oder zu Schockschäden diskutiert. Im Anschluss stellte Prof. Dr. Michael Jaensch, HTW Berlin, einschlägige Urteile des VIII. Zivilsenats aus dem letzten Jahr vor. Neben einer Entscheidung zum Spannungsfeld Beschaffenheitsvereinbarung und gleichzeitiger Haftungsausschluss hob er insbesondere ein Urteil zur nunmehr gesetzlich festgelegten Transportkostenvorschusspflicht des Verkäufers nach einer Mängelrüge hervor. Dem Verkäufer könnte eine Verweigerung der Nacherfüllung vorgeworfen werden, wenn er dem Vorschussverlangen des Kunden nicht nachkäme.
Im Zuge der andauernden Abgasproblematik wurde diesem Thema auch beim 11. Deutschen Autorechtstag besondere Beachtung geschenkt. Christian Reinicke, Generalsyndikus des ADAC e.V., lieferte in seinem umfangreichen Vortrag eine gründliche Analyse der bisherigen Spruchpraxis und ging hierbei u. a. auch auf die Frage der Zulässigkeit von Fahrverboten unter Berücksichtigung der jüngst ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
„Digital“ wurde es beim Referat von Prof. Dr. Schrader, der zum Thema Haftungsfragen bei automatisierten Fahrzeugen referierte. Hierbei informierte er über die Neuerungen im StVG und die diesbezüglichen Auswirkungen auf die Haftung des Herstellers im Zuge der Fahrzeugautomatisierung. Schrader resümierte, dass es wegen der fehlenden Vorschriften zur Produkt- und Produzentenhaftung in der aktuellen Fassung des StVG künftig zur Vermeidung der Haftung des Herstellers nicht ausreichend sein dürfte, die neu geregelten straßenverkehrsrechtlichen Anforderungen an Fahrzeuge mit hoch- und vollautomatisierten Fahrfunktionen zu erfüllen.
Die anschließende Podiumsdiskussion, in der über die Haftungssysteme im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren diskutiert wurde, fand ebenfalls unter der Leitung von Prof. Dr. Ansgar Staudinger statt.
Der von ADAC, BVfK und ZDK gemeinsam veranstaltete und von Prof. Dr. Ansgar Staudinger, Dr. Kurt Reinking und dem Vors. Richter am BGH a.D., Wolfgang Ball geleitete Deutsche Autorechtstag hat sich auch im 11. Jahr als wertvoller Bestandteil juristischer Bildungsangebote etabliert. Neben der Vertiefung rechtswissenschaftlicher Themen findet inzwischen das vielseitige Praxisseminar zur Schadensregulierung bzw. zum Verkehrsstraf- und Versicherungsrecht zunehmend Anerkennung und bietet den Teilnehmern bei Nutzung aller Angebote den vollständigen Fortbildungsnachweis über die erforderlichen 15 Stunden.
Save-the-date: Der 12. Deutsche Autorechtstag wird im kommenden Jahr voraussichtlich vom 14. – 15. März 2019 stattfinden.
Pressekontakt und Interviewanfragen an: info@deutscher-autorechtstag.de